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Hat Guttenberg seine Doktorarbeit geklaut?


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Diese Gruppenarbeiten stellen in der Praxis wirklich ein Problem dar, insbesondere in Forschungsgruppen, in denen die theoretischen Grundlagen weitgehend identisch sind. Als Beispiel: Eine Forschungsgruppe aus drei Personen untersucht, wie ein Haus nachhaltiger gestaltet werden kann. Der eine konzentriert sich auf Elektronik und Technik, ein anderer auf Gebäude und Architektur und der dritte auf Inneneinrichtung. Obwohl jedes Thema abgegrenzt ist, tragen alle zum Bau des Hauses bei. Jeder von ihnen recherchiert beispielsweise zum Thema Nachhaltigkeit. Dabei muss der Begriff "Nachhaltigkeit" erst definiert werden, damit er nicht, wie mein Doktorvater immer sagt, "vom Himmel fällt". Hier entsteht das Dilemma in der Wissenschaft. Jeder Forscher muss den Begriff selbstständig herleiten. Wenn einer die Arbeit bereits geleistet hat, dürfen die anderen dies nicht einfach "kopieren", sondern müssen ihn ebenfalls eigenständig entwickeln. In der Praxis orientieren sich die anderen jedoch oft an der bereits geleisteten Arbeit, greifen auf dieselben Quellen zurück und versuchen, dies mit eigenen Worten zu formulieren. Aber seien wir ehrlich: Wenn wir den Oberbegriff -> Begriff -> Nachhaltigkeit erforscht haben, dann ist der Text in der Passage zwangsläufig "ähnlich", weil die Gedanken ähnlich sind. Selbst wenn dies mit anderen Worten geschrieben ist, könnte jemand behaupten, es sei kopiert worden. Und genau das halte ich persönlich für unsinnig! In Forschungsgruppen an derselben Universität sollte es möglich sein, Herleitungen und Grundlagenforschung, insbesondere im Bereich "Stand der Wissenschaft und Technik", einfach zu referenzieren und anzugeben, dass dies in der Forschungsgruppe erarbeitet wurde und wir uns darauf stützen. So könnten wir es 1:1 übernehmen und sagen, dass es aus dem Beitrag eines Kollegen stammt. Dann stellt sich natürlich die Frage, wie viel Prozent übernommen werden dürfen und wie viel nicht. Manchmal könnten ganze Unterkapitel 1:1 übernommen werden. Bei meiner Arbeit könnte ich beispielsweise 50% aus anderen Arbeiten im Kapitel 2 verwenden. Die anderen Kapitel und die Wissenschaftlichkeit bleiben meiner Meinung nach unberührt. Mir geht es nur um die Beschreibung, zum Beispiel was Nachhaltigkeit ist und woher der Begriff kommt. Warum ich das brauche, worüber ich spreche, was ich damit mache, was die verbleibenden Herausforderungen sind und der wissenschaftliche Diskurs, das ist immer noch meine eigene Leistung und der Transfer. Die meisten Plagiate finden sich im Bereich "Stand der Wissenschaft und Technik". Im Rest eher nicht, da dieser Teil eine eigene Geschichte darstellt und auf das Thema der Dissertation einzahlt.

 

@stefhk3 btw. man kann statt einer Monographie auch eine Kumulative Dissertation verfassen (vgl. https://www.academics.de/ratgeber/kumulative-dissertation).

Bearbeitet von SebastianL
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vor einer Stunde schrieb SebastianL:

@stefhk3 btw. man kann statt einer Monographie auch eine Kumulative Dissertation verfassen (vgl. https://www.academics.de/ratgeber/kumulative-dissertation).

Klar kann man (meist jedenfalls, hängt an der Promotionsordnung). Aber das ändert doch das Problem nicht, oder? Dann könnte man dem Doktoranden genauso vorwerfen, die Paper seien nicht "100% von ihm". Insofern scheint mir die kumulative Dissertation an sich nicht die Lösung zu sein.

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vor 1 Minute schrieb stefhk3:

Klar kann man (meist jedenfalls, hängt an der Promotionsordnung). Aber das ändert doch das Problem nicht, oder? Dann könnte man dem Doktoranden genauso vorwerfen, die Paper seien nicht "100% von ihm". Insofern scheint mir die kumulative Dissertation an sich nicht die Lösung zu sein.

Doch, weil Du dann einfach x Publikationen als Erstauthor und x als Zweitauthor brauchst und alle anderen dahinter sind. Und am Ende brauchst dann halt ein paar wo nur Du drauf stehst. Das entspannt die Situation ungemein.

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Hm, wenn das so in der Promotionsordnung steht, dann ja. Aber dann könnte man die Regeln auf Monographien übertragen: "Auskopplungen" mit Zweitautor sind zulässig bis zu X Papern.

Letztlich ist diese Regelung ja das, was ich vorgeschlagen habe. Nur könnte man es nicht nur an Erst-/Zweitautor festmachen, sondern an genaueren Angaben nach CRediT (z. B.). Denn es gibt ja keine genauen Regeln bezüglich Autorenschaft (wäre mir jedenfalls neu). Es könnte jemand die geforderten Paper mit Erstautorenschaft usw. haben, ohne je (willkürliches Beispiel) an der Conceptualization beteiligt gewesen zu sein. Das wäre dann auch nicht ideal.

Ach ja, in Grossbritannien ist die kumulative Dissertation praktisch unbekannt. Es gibt zwar den "PhD by published work", aber da geht um Arbeiten, die vor Beginn der Dissertation veröffentlicht wurden.

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  • 1 Monat später...

Die Regierung hat Änderungen in Gesetzen vor. Danach soll der Dr. nicht mehr in Reisepässen und Personalausweisen eingetragen werden. Somit sinkt auch der Nutzen für Betrüger. Plagiate sind damit nicht so sinnvoll.

 

https://www.welt.de/politik/deutschland/article250084202/Reisepass-Ampel-will-Doktortitel-vor-Nachnamen-in-Dokumenten-streichen.html

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vor 6 Stunden schrieb jedi:

Die Regierung hat Änderungen in Gesetzen vor. Danach soll der Dr. nicht mehr in Reisepässen und Personalausweisen eingetragen werden. Somit sinkt auch der Nutzen für Betrüger. Plagiate sind damit nicht so sinnvoll.

 

https://www.welt.de/politik/deutschland/article250084202/Reisepass-Ampel-will-Doktortitel-vor-Nachnamen-in-Dokumenten-streichen.html

 

Die Information ist nicht ganz richtig. Gemäß Inhalt der Pressemeldung soll für den Dr.-Grad lediglich ein eigenes Textfeld - zusätzlich zum Nachnamen - eingeführt werden, um Verwechslungen im internationalen Umfeld zu vermeiden (hier: Dass "Dr. .." irrtümlich als Teil des Nachnamens, und nicht als Namenszusatz gesehen wird). Der Doktorgrad soll weiterhin eingetragen werden können, würde aber dann an einer eigenen Stelle auf dem jeweiligen Ausweisdokument stehen. Wie das genau aussehen soll, wird in dem Artikel nicht beschrieben.

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So wie @MartinGS es schreibt, geht es unter anderem auch aus dieser Meldung bei tagesschau.de hervor: 

 

Zitat

Demnach soll der Titel künftig in einem neu geschaffenen Datenfeld auf der Rückseite des Personalausweises und des Reisepasses eingetragen werden können.

 

Somit zumindest von der Darstellung auf den Dokumenten her kein direkter Namensbestandteil mehr, was ich eine sinnvolle Entwicklung finde. Die eigene Verwendung, zum Beispiel auf Visitenkarten, dürfte aber wie jetzt auch möglich sein, da sich an den rechtlichen Rahmenbedingungen ja nichts ändert, sondern lediglich Missverständnisse, insbesondere bei ausländischen Grenzbehörden, mit Ausweis und Passdarstellung vermieden werden sollen.

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