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Biegt Weiterbildung "krumme" Lebensläufe gerade?


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Zu Ende denken sollte man das Ganze auch besser nicht: Was macht etwa der Bergarbeiter, dessen Mine stillgelegt wird? Nach China auswandern, wo es noch genug Minen gibt? Oder sich eine neue Tätigkeit suchen, die sich irgendwie, auf Teufel komm raus, per "rotem Faden" mit der alten verknüpfen lässt. Also statt Kiosk eröffnen vielleicht besser Kanalarbeiter? Auch da buddelt man ja in der Erde herum.

ich wohne im Saarland, und hier gibt es einige Bergarbeiter (wir sagen Bergleute oder Bergmänner) die sich einen neuen Job suchen müssen. Diese Bergleute haben aber nicht den Beruf "Bergmann" gelernt, sondern Elektriker, Elektroniker oder einen ähnlichen Handwerksberuf. Und in dem können sie auch über Tage arbeiten. Einige werden auch umgeschult, z. B. als Kranken- oder Altenpfleger weil diese Berufe Zukunft haben. Das muss man aber können. Und einige - die dann aber i. d. R. ihre Heimat tatsächlich verlassen müssen - arbeiten in verwandten Branchen wie z. B. dem Tunnel- oder Kanalbau. Auch da gibt es also keinen standardisierten Weg.

Du scheinst irgendwie mit der Welt nicht ganz im reinen zu sein. Es bringt dir aber nichts, nur die Verhältnisse zu kritisieren - dass die ideal sind, hat nie jemand behauptet. Aber wir haben nun mal keine Wahl - wir können sie ändern (was aber sehr schwer bis unmöglich ist - zumindest kurzfristig). Oder wir müssen irgendwie mit ihnen zurecht kommen. Die meisten von uns sind auf einen Job angewiesen, um Geld zu verdienen. Und die Arbeitgeber, die diese Jobs anbieten, tun das, weil sie damit auch Geld verdienen möchten. Und sie möchten bei der Einstellung neuer Arbeitnehmer so wenig Arbeit wie möglich haben und so wenig RIsiko wie möglich eingehen. Wenn sie nun jemanden haben, der bereits relevante Berufserfahrung hat werden sie ihn wahrscheinlich im Vergleich zu jemandem ohne Erfahrung (bei sonst gleichen Voraussetzungen) vorziehen. Und wenn sich jemand bewirbt, der bislang wenig Konstanz in seinem Lebenslauf hat, werden sie halt eben nachfragen. Und dann muss derjenige halt eben gute Antworten auf die Fragen haben.

Es will dich hier niemand daran hindern, die Verhältnisse zu kritisieren. Du kannst auch gerne versuchen, sie zu ändern. Aber für die Zwischenzeit solltest du dir überlegen, wie du deinen Lebensunterhalt verdienen willst.

Eine weitere Möglichkeit, die mir für dich einfällt: geh doch in die Politik. Dann kannst du vielleicht was ändern. In der Kommunalpolitik verdienst du wahrscheinlich zunächst nicht so arg viel Geld, aber es wäre wahrscheinlich ein guter Kanal für deine vorhandene Energie.

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ich wohne im Saarland, und hier gibt es einige Bergarbeiter (wir sagen Bergleute oder Bergmänner) die sich einen neuen Job suchen müssen.
Bergleute ist richtig für die Mehrzahl. ;)

Diese Bergleute haben aber nicht den Beruf "Bergmann" gelernt, sondern Elektriker, Elektroniker oder einen ähnlichen Handwerksberuf. Und in dem können sie auch über Tage arbeiten.

Das ist auch schwer. Ich habe einige Branchenwechsel durch und kann es voll verstehen.

Einige werden auch umgeschult, z. B. als Kranken- oder Altenpfleger weil diese Berufe Zukunft haben. .

Dann sind diese Leute Berufseinsteiger und haben nicht so viel Erfahrung wie es sich AG wünschen.
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Bergleute ist richtig für die Mehrzahl.

ich hab nicht geschrieben, "das ist richtig" sondern "wir sagen" - aber wenn du möchtest, können wir gerne einen eigenen Strang eröffnen über die Besonderheiten von mosel- und rheinfränkischen Dialekten :blink::sleep: - wobei es moselfränkisch ja sogar zu einer offiziellen Landessprache geschafft hat :thumbup:

Das ist auch schwer.

die Leute haben eine gute Ausbildung, Erfahrung und sind durchaus gefragt.

Dann sind diese Leute Berufseinsteiger und haben nicht so viel Erfahrung wie es sich AG wünschen.

sie bekommen die Umschulung finanziert und wie schon geschrieben: in dem Bereich werden ständig Mitarbeiter gesucht. Daher haben auch sie ganz gute Job-Chancen.

aber sollten wir nicht vielleicht zum eigentlichen Thema des Strangs zurückkehren anstatt uns dauernd in Nebenthemen zu verlieren?

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Ich denke, das eigentliche Thema des Strangs ist in vielen Postings von allen Seiten beleuchtet - und im Augenblick erscheint es mir eher das Thema zu sein, ob man die Problematik "Mit krummem Lebenslauf braucht es ein spezielles und gut durchdachtes Vorgehen" akzeptiert oder ob man sich darauf zurückzieht, dass die Welt eben schlecht ist.

Und noch mal: Nicht jeder Richtungswechsel im Beruflichen ist ein Zeichen für solch einen (potenziell) problematischen Lebenslauf. Die hier beschriebenen Bergleute gehören nach meinem Verständnis absolut nicht dazu. Auch nicht diejenigen, die aufgrund der Entwicklung einer neuen Technologie ihren Job verlieren und deshalb umschulen.

"Krumme" Lebensläufe kommen meiner Erfahrung nach zustande durch eine Aneinanderreihung von widersprüchlichen beruflichen Entscheidungen, durch kurze Beschäftiigungsverhältnisse, durch nicht nachvollziehbare Sprünge in der Entwicklung etc. All das irritiert den Bewerbungsempfänger und braucht also eine besondere Erklärung bzw. Stellungnahme des Bewerbers. Je länger dieser krumme Lebenslauf schon dauert, je weniger Selbstreflexion der dabei zeigt, jje weniger Realismus sichtbar wird in den Zukunftsplänen, je mehr Verantwortung dafür ausschließlich bei "den anderen" gesucht wird, umso schwieriger wird es meiner Erfahrung nach, den wieder gerade zu biegen.

Eine Weiterbildung KANN beim Biegen schon sehr helfen, MUSS es aber nicht. Vor allem tut sie es dann nicht, wenn die Sache mit der realistischen und selbstkritischen Sichtweise wenig ausgeprägt ist.

Realismus und Selbstkritik zu zeigen bedeutet übrigens nicht, dass der Bewerber nun in Sack und Asche auf die Suche nach einem Job gehen muss. Im Gegenteil. Das geht auch mit Sebstbewusstsein, einer Portion Humor und Optimismus. Bloß Arroganz kommt in dem Zusammenhang überhaupt nicht gut an.;)

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Die meisten von uns sind auf einen Job angewiesen, um Geld zu verdienen. Und die Arbeitgeber, die diese Jobs anbieten, tun das, weil sie damit auch Geld verdienen möchten. Und sie möchten bei der Einstellung neuer Arbeitnehmer so wenig Arbeit wie möglich haben und so wenig RIsiko wie möglich eingehen. Wenn sie nun jemanden haben, der bereits relevante Berufserfahrung hat werden sie ihn wahrscheinlich im Vergleich zu jemandem ohne Erfahrung (bei sonst gleichen Voraussetzungen) vorziehen. Und wenn sich jemand bewirbt, der bislang wenig Konstanz in seinem Lebenslauf hat, werden sie halt eben nachfragen. Und dann muss derjenige halt eben gute Antworten auf die Fragen haben.

Das sehe ich alles ein. Mir ist schon klar, dass ich dann am Ende mit anderen Studienabsolventen konkurriere, die wesentlich jünger sind als ich. Denen Arbeitgeber vor allem deshalb den Vorzug geben dürften, weil sie meist nicht aufmucken und seltener krank werden. Dass ich mit Leuten in meinem Alter, die schon zig Jahre Berufserfahrung in der IT-Branche haben, nicht mithalten kann, ist mir auch klar.

Wobei mir vor einem halben Jahr hier jemand schrieb, dass ich immerhin dann den Vorteil hätte, dass ich auf dem neuesten Stand bin. Häufig bekommen ja Leute mit viel Berufserfahrung in der IT-Branche dann Probleme, wenn sie ihren Job verlieren und sich vorher fachlich nicht auf dem Laufenden gehalten haben.

Und natürlich hieß es auch, dass ich so früh wie möglich versuchen sollte, Berufserfahrung zu sammeln, d.h. während des Fernstudiums. Werde ich nach dem 2. Semester, d.h. ab diesem Sommer, versuchen. Zurzeit weiß und kann ich einfach noch zu wenig. Dann werde ich ja sehen, ob das Zukunft hat. Wenn ich keine Gelegenheit haben sollte, Berufserfahrung zu sammeln, dann muss ich es eben knicken.

Aber wie gesagt, so hohe Erwartungen, wie manche hier anscheinend glauben, habe ich gar nicht. Ich sehe das unter dem Aspekt: es gibt nicht viel zu verlieren. Selbst wenn ich nachher nur Freelancer-Jobs am unteren Ende der Anforderungs- und Honorar-Skala mache, geht's mir zumindest fianziell schon mal besser.

Wenn es so wäre, dass in der IT-Branche der ganz große Fachkräftemangel grassiert - wie es dank der fleißigen PR-Strategen vom VDI und anderen Verbänden fast täglich durch die Medien geistert - dann sollte ich doch eigentlich ganz gute Chancen haben. Ich glaube da nicht wirklich dran. Und der demographische Wandel ... So alt sind die meisten Mitarbeiter im IT-Bereich nicht, dass sich das so bald großartig auswirken würde.

Das sind solche "strukturellen" Hintergründe, die mich tatsächlich beschäftigen. Auch wenn manche hier meinen, man solle sich über so was keine Gedanken machen, da die Guten und Fleißigen, die immer schön stromlinienförmig ihr seit Grundschultagen feststehendes Berufsziel verfolgen, sich ja immer durchsetzen ...

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So alt sind die meisten Mitarbeiter im IT-Bereich nicht, dass sich das so bald großartig auswirken würde.
Die IT-Branche ist doch nicht an PCs gekoppelt. Schon zum Milleniumswechsel hat man Großrechner-Rentner mit COBOL-Erfahrung reaktiviert. Es war ein Bereich der in den letzten Jahrzehnten bessere Wachstumsraten als die anderen Wirtschaftsbereiche hatte. Deswegen ist der Altersschnitt geringer und - das ist in meinen Augen viel wichtiger - viele wollen im IT-Bereich nicht alt werden. Die Innovationszyklen waren/sind derartig krass, dass viele ab vierzig versuchen in die Prozessentwicklung, das Projektmanagement, das IT-Controling oder die Teamführung "abzutauchen". Ich kenne aber auch einige Entwickler oder Administratoren die fachlich bis zur Rente auf aktuellstem Stand waren.
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Dann sind diese Leute Berufseinsteiger und haben nicht so viel Erfahrung wie es sich AG wünschen.

Du hast anscheinend keine Ahnung vom Bedarf an Fachkräften in der Pflege - die AG suchen hier aktuell je nach Landstrich ÜBERHAUPT Arbeitnehmer. Es gibt Seniorenheime die müssen Stationen schliessen, weil sie den Fachkräfteschlüssel nicht aufrecht erhalten können. Neubauten können teilweise nicht öffnen, weil nicht genügend Fachkräfte an Bord sind.

Gerade in diesem Bereich kümmert sich kaum jemand um einen krummen Lebenslauf. Aber wie schon oft erwähnt ... der Arbeitsmarkt ist eben ein Markt, der von Angebot und Nachfrage geregelt wird.

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"Krumme" Lebensläufe kommen meiner Erfahrung nach zustande durch eine Aneinanderreihung von widersprüchlichen beruflichen Entscheidungen, durch kurze Beschäftiigungsverhältnisse, durch nicht nachvollziehbare Sprünge in der Entwicklung etc. All das irritiert den Bewerbungsempfänger und braucht also eine besondere Erklärung bzw. Stellungnahme des Bewerbers. Je länger dieser krumme Lebenslauf schon dauert, je weniger Selbstreflexion der dabei zeigt, jje weniger Realismus sichtbar wird in den Zukunftsplänen, je mehr Verantwortung dafür ausschließlich bei "den anderen" gesucht wird, umso schwieriger wird es meiner Erfahrung nach, den wieder gerade zu biegen.

Eine Weiterbildung KANN beim Biegen schon sehr helfen, MUSS es aber nicht. Vor allem tut sie es dann nicht, wenn die Sache mit der realistischen und selbstkritischen Sichtweise wenig ausgeprägt ist.

@ Frau Kanzler

Wenn ich meine "widersprüchlichen berufl. Entscheidungen" einem potenziellen AG erläutern würde, käme ich u.U. erst recht arrogant rüber. Auch wenn "ich" vielleicht ein Einzelfall bin, möchte ich's kurz erläutern, denn ich weiß, dass es auch vielen anderen leistungsfähigen und motivierten Menschen so ergeht.

Viele Menschen verstehen tatsächlich nicht, dass es andere gibt, die sehr viele Begabungen und Interessen besitzen, die vielleicht erst auf den zweiten Blick einen Zusammenhang ergeben. Dieses zu erläutern wirkt oft als "Rechtfertigung" oder "Arroganz".

Mein Lebenslauf weist keine Lücken auf, außer eine längere Zeit Arbeitslosigkeit, die aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte.

Ich habe zwei (betrieblich) abgeschlossene Berufsausbildungen und in einem Beruf auch Berufserfahrung. Da ich in dem ersten Beruf nicht weiterkam und meine Anstrengungen mir am ende lediglich Mobbing einbrachten, kündigte ich. Gleichzeitig konzentrierte mich auf auf die Vorbereitung eines Studiums, das ich schon länger im Hinterkopf hatte und für das vorab ein halbjähriges Praktikum erforderlich war. Nach etwa 70 Bewerbungen ergatterte ich endlich ein unbezahltes Praktikum, da jemand anderes abgesprungen war.

Nebenbei bereitete ich mich auf die Aufnahmeprüfung für das Studium vor. Leider bin ich in der letzten Runde dann durchgefallen, da andere besser waren. Sah ich alles ein, hätte diese Prüfung noch zwei mal wiederholen können - Aufnahmeprüfung einmal im Jahr, also Aussieben durch Wartezeit.

Da ich zu der Zeit schon älter als der Durchschnitt war und man mir davon abriet ("Schuster, bleibe bei deinen Leisten, aber bilde dich weiter, auch wenn es sich paradox anhört…"), verfolgte ich meine zweite Idee und bekam nach einem Einstellungstest und Probearbeiten meinen zweiten Ausbildungsplatz.

(Im ersten Bereich wollte ich u.a. auch aufgrund hoher körperlicher Belastung (Handwerk) nicht weiterarbeiten und weil der Beruf selten ist.Viele Betriebe haben keine sanitären Anlagen für Frauen und durften deshalb damals keine weibl. Mitarbeiter einstellen.)

Man versprach mir, mich nach der Ausbildung zu übernehmen, was ich mir dummerweise nicht schriftlich habe geben lassen, falls es überhaupt rechtlich relevant gewesen wäre. Ich bin dafür extra von der Großstadt zurück in ein Kleines Kaff gezogen, sozusagen ein Schritt zurück in meiner persönlichen Entwicklung, um überhaupt etwas zu erreichen. Wegen des Berufes bin ich bereits mehrfach umgezogen, demnach war ich immer flexibel! Ich habe dort geackert und getan und hatte ständig den Eindruck, im Vergleich zu anderen Azubis meines Jahrgangs viel zu wenig zu lernen, da sich im meinem Betrieb niemand richtig um die Azubis kümmerte. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde ich nach der Ausbildung nicht übernommen und bin deshalb wieder in die Großstadt gezogen, da es dort wesentlich mehr "artverwandte" Stellen gab als auf dem Land.

Damals war ich überzeugt davon, dass in meinem beiden Bereichen wieder Arbeit bekomme, nur leider war dem nicht so, auch, da die "Medienblase" zu der Zeit am Platzen war. Deshalb habe ich mit dem Beginn meines Studiums viel zu lange abgewartet, weil ich damals schon aufgrund viel zu vieler schlechter Erfahrungen viel zu lange einen Kopf um mein "hohes" Alter gemacht habe. Ich wurde abgelehnt wegen meines Alters, weil ich angeblich im gebärfähigen Alter war, weil ich unter- oder überqualifiziert bin, etc.. Auf alles Mögliche habe ich mich beworben, habe mich zusätzlich "nach unten" orientiert, um überhaupt etwas zu tun. Zu schade und zu arrogant war ich mir für nichts.

Als meine kleine Erbschaft wegen der Arbeitslosigkeit dann fast aufgebraucht war, musste ich Hartz4 beantragen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich mich bereits für ein Studium beworben und wartete auf Rückmeldung. Bei der Arge wurde ich sehr schlecht behandelt und für doof verkauft. Man drohte mir mit der "Staatshohheit", wenn ich die Eingliederungsvereinbarung nicht unterschriebe (das ist sowieso rechtswidrig!). Als ich fast einen Lachanfall bekam und fragte, wer das sei, die Bundeskanzlerin oder der Liebe Gott, drohte man mir mit einer psychologischen und ärztlichen Untersuchungen, um meinen Verstand zu testen (ebenfalls rechtswidrig, wie so einiges dort, und noch dazu lächerlich, aber auch auf diese Art werden dort Leute eingeschüchtert, die sich nicht unterbuttern lassen, die ihre Defizite, Stärken und Rechte genau kennen.). Am Ende habe ich mir erstmal von Freunden Geld leihen müssen und mir via Sozialgericht alles zurückgeklagt.

Lange Rede, kurzer Sinn:

Bereits vor Jahren war ich so "selbstreflektiert", dass ich nur noch grübelte, ob es denn an mir liegt, dass ich mein Leben nicht so glatt wie andere hinbekomme. Im Grunde habe ich schon immer alles, also auch mich selbst, hinterfragt und/aber immer auch nach Rückschlägen weitergemacht, nach vorne geschaut.

Ich wollte wissen, was schiefläuft, warum ich anders bin und wollte mich ändern. Dazu habe ich einen Psychologen aufgesucht. Nach langem Hin und Her und Tests, bei denen nix herauskam, schlug er mir bei einem seiner Kollegen einen IQ-Test vor. Es hat mich geschockt, denn ich hatte Angst, dass dabei meine vermeintliche Lebens- und Leistungsunfähigkeit bestätigt wird und ich vielleicht zu dumm bin, um eine "normale" Laufbahn einzuschlagen und vielleicht in einer Einrichtung für psychisch Kranke oder geistig Behinderte enden werde. Aus dem Grund und wegen Wohnortwechsels habe ich den Test nicht gemacht und das Thema erstmal verdrängt. Einige Monate später habe ich begonnen, mich ausführlich mit dem Thema zu beschäftigen und dann bei einer spezialisierten Psychologin einen IQ-Test absolviert, bei dem ein überdurchschnittlich hohes Ergebnis herauskam. Das war ein weiterer Schock. Danach kam dann die quälenden Fragen, warum ich als hochintelligenter "Underachiever" und Querdenker beruflich auf der Stelle trete.

Mittlerweile weiß ich, dass viele (hochbegabte) Leute ihr Leben lang, also auch beruflich anecken, und dass sie oft als "arrogant" verkannt werden. Manche werden tatsächlich überheblich, wenn sie ständig schlechte Erfahrungen machen müssen, indem sie von Mitmenschen und vom "System", das nicht kritisiert werden darf, veräppelt werden.

Ich habe es bisher nicht geschafft, mir einen Studijob an Land zu ziehen. Ständig werden mir meine zwei Berufsausbildungen und mein Alter zu Studienbeginn auf's Brot geschmiert. Ich muss mich für meinen krummen LL rechtfertigen, um bei UPS Post zu sortieren und um bei einer Versicherung im Keller staubige Akten zu sortieren. Oder für meine "Überqualifikation", wenn ich einen Verkäuferinnenjob annehmen möchte. Das ist die lächerliche Realität, und keine Arroganz meinerseits.

Ich frage mich, was wohl passieren würde, läge ich mein IQ-Testergebnis dazu….. Ob ich dann eine bessere Chance hätte, als ein junger unerfahrener, "hochkreativer", "belastbarer", "dynamischer" und "teamfähiger" Studi, der u.U. länger eingearbeitet werden müsste als ich, die 37-jährige lahme "Oma"?

Ein AG, der innovativ und queer denkt, würde einen solchen Bewerber sicher als Bereicherung für seine Firma ansehen, denn ein hoher IQ bedeutet ja auch, dass man viele positive Eigenschaften mitbringt, z.B. Schnelligkeit, geistige Flexibilität und Empathie. Leider sieht die Realität anders aus, denn viele (AG) fürchten Menschen mit hohem IQ und haben Vorurteile. Das hat natürlich viele Gründe und ich kann es auch nachvollziehen, doch es zeigt mir, dass nicht unbedingt der Bewerber "arrogant" und wenig "selbstreflexiv" sein muss, sondern dass viele Arbeitgeber narzisstisch angehaucht sind: Wer etwas erreicht hat, geht nämlich viel zu oft davon aus, dass andere, die es nicht schaffen, zu blöd oder zu faul sind. Studien weisen nach, dass Menschen, die Macht haben, weniger "selbstreflexiv" sind als andere. Und dass sie viele Menschen wenig bis gar nicht für Politik, ist auch kein offenes Geheimnis. Deshalb verdrängen ja auch so viele "Fehler im System" oder wollen sie nicht sehen.

Gruß

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